Physikalisch-Technisches Institut, Abbeanum, Reichsanstalt für Erdbebenforschung (ca. 1930)

Highlights der theoretischen Physik

Eine kleine Auswahl
Physikalisch-Technisches Institut, Abbeanum, Reichsanstalt für Erdbebenforschung (ca. 1930)
Foto: Universitätsarchiv Jena

Durch diesen Spaziergang nähern wir uns der Geschichte der theoretischen Physik in Jena anhand einiger ihrer Highlights. Unser Startpunkt ist der Innenhof der Gebäude in der Neugasse 23 und 24.

Im Hellfeldschen Haus (Neugasse 23) zeigt sich die praktische Seite der theoretischen Physik. Ernst Abbe formulierte hier Teile seiner Mikroskoptheorie. Dies war nicht reine Papierarbeit, sondern beinhaltete auch umfangreiche experimentelle Untersuchungen. Die Auswirkungen der Abbeschen Theorie prägen Jena nach wie vor: der damit einhergehende wissenschaftlich-fundierte Mikrsokopbau war Grundlage des Aufstiegs des Weltunternehmens Zeiss.

Mit dem Bau des Gebäudes in der Neugasse 24 (1883/84), heute das Institut für Mikrobiologie, wurde auch das erste eigenständige physikalische Institut der Universität Jena gegründet. Auch die theoretische Physik wurde hier institutionell gefestigt: Ende des 19. Jahrhunderts wurde auf Anregung Ernst Abbes ein Extraordinariat für theoretische Physik geschaffen und mit Felix Auerbach besetzt.

Vom Innenhof aus gehen wir zunächst zum Schillergäßchen und wenden uns nach rechts. Die Gebäude des Astronomischen Instituts und die Universitäts-Sternwarte lassen wir hinter uns und begeben uns auf geradem Weg über Schillerstraße und Leutragraben zum ehemaligen Zeiss-Hauptwerk (linker Hand: Ernst-Abbe-Platz).

Am Zeiss-Werk wurde bald nach der Aufstellung Abbes Theorie ein Weg gefunden, eine ihrer Vorhersagen, wenn schon nicht zu durchbrechen, dann doch zu umgehen. Das Abbesche Limit stellt die prinzipielle Auflösungsgrenze von klassischen, lichtoptischen Mikroskopen dar. Richard Zsigmondy, Kolloidchemiker und ehemaliger Schott-Mitarbeiter, und Henry Siedentopf, späterer Leiter der Mikroskopabteilung bei Zeiss, entwickelten hier das Spalt-Ultramikroskop. Unter Verzicht auf getreue Abbildung konnten Teilchen unterhalb des Abbeschen Limits sichtbar gemacht und durch Rechnung ihre Größe abgeschätzt werden.

Wir gehen nun immer weiter Richtung Norden, queren den Fürstengraben und begeben uns auf den Philosophenweg. Linker Hand befindet sich der Johannisfriedhof auf dem u.a. Carl Zeiss, Karl Snell und Hans Berger beerdigt sind. Wir bleiben auf dem Philosopenweg und folgen ihm bis zum Max-Wien-Platz. Dabei lassen wir die Jenaer Psychiatrie, wo das erste EEG des Menschen durch eben jenen Hans Berger aufgezeichnet wurde, und das Studentenhaus, eines der Aushängeschilder der Jenaer Bauhaus-Architektur, hinter uns.

Am heutigen Hauptgebäude biegen wir links auf die Lessingstraße und folgen wir ihr, bis wir den rechts abzweigenden Fröbelstieg erreichen. Im Abbeanum, auch Beispiel der Bauhausarchitektur, findet man heute, nach einigen Umzügen, die Gravitationsforschung. Dieses Forschungsfeld wurde in den späten 1950ern durch Ernst Schmutzer in Jena angestoßen und kann sich von Beginn an eines internationalen Renommées erfreuen. Unter anderem wurden hier theoretische Arbeiten zur experimentellen Überprüfung der allgemeinen Relativitätstheorie entwickelt. Eingebettet in internationale Forschungskooperationen lieferten die Jenaer Theoretiker damit einen wichtigen Beitrag zu der Entdeckung, für die 2017 der Nobelpreis für Physik verliehen wurde: dem experimentellen Nachweis von Gravitationswellen.

Nur einige Schritte weiter ist die letzte Station unseres Spaziergangs. Im Fröbelstieg 3 findet man heute das Helmholtz-Institut Jena und den Hochleistungslaser POLARIS. In den 1960ern war das Gebäude Sitz des Instituts für Magnetohydrodynamik unter Leitung von Max Steenbeck. Zusammen mit seinen Assistenten Fritz Krause und Karl-Heinz Rädler erarbeitete er hier eine Modellierung der Entstehung des Magnetfelds von Planeten und Sternen. Die sogenannte Elektrodynamik mittlerer Felder (mean field electrodynmaics) zeigte sich äußerst einflussreich. Steenbeck wurde für diese Arbeiten für den Nobelpreis nominiert, erhielt ihn aber nicht. Rädler hingegen wurde 2013 für "seine Pionierarbeiten auf dem Gebiet der kosmischen Magnetohydrodynamik" mit der Karl-Schwarzschild-Medaille ausgezeichnet.